Babytalk – Was ein Baby wohl denkt…?

Wenn ein Baby zur Welt gekommen ist, sind die Eltern in der Regel unglaublich glücklich, stolz und auch gespannt. Denn das Baby war ja schon eine ganze Weile immer mit dabei, aber das richtige Kennenlernen kommt ja erst noch. Das Baby wird liebkost und ausführlich angeschaut. Die allermeisten Eltern achten instinktiv auf die Bedürfnisse des Babys. Aber in der Aufregung passieren auch oft kleine „Fehler“. Manchmal wird das Kind, um es richtig anzuschauen, komplett ausgepackt und dabei ganz kalt. Das ist völlig normal. Ich versuche dann vorsichtig darauf hinzuweisen, möglichst ohne dabei die Euphorie zu stören.
Für diesen Artikel habe ich versucht die ersten Eindrücke nach der Geburt zu beschreiben – und zwar aus der Babysicht. Ich denke, dass so ein „Hineinversetzen“ gut die Bedürfnisse von Neugeborenen verdeutlicht.
Kleine Warnung vorweg: Ich weiß natürlich, dass Sprache, die man einem Baby in den Mund legt, immer etwas albern wirkt und hoffe ihr verzeiht mir diesen Kniff.

Frisch gepresst

Boah, das war eben aber eng! Ich bin ganz doll zusammengedrückt worden. Jetzt muss ich mich erst mal strecken. Ui, das ist aber kalt hier. Und viel zu hell. Kann ich bitte zurück in meine warme, dunkle Höhle?
Ah, auf Mamas Bauch ist es schön warm. Und die warmen Tücher sind schön kuschelig. Und Mama hält mich auch so schön fest. Schon viel besser! Unter den Tüchern ist es auch ein bisschen dunkler. Ob ich mal einen Blick nach draußen riskiere?
Ha, die Stimme kenne ich! Das ist mein Papa! Na gut ich lutze mal. Hallo!
Ey, Moment mal! Mach bitte das Tuch wieder über meinen Kopf. Mir wird ja sonst wieder ganz kalt. „AHHHHHwääää!“
Oh Gott, was war denn das? Ein Blitz! Ich kneife schnell die Augen zusammen und sag denen Mal, dass das gar nicht geht: „Wäääähhhh, ahhhh, uhhh“. Ah, schon besser, das Blitzding hört auf.

Neugeborene haben große Schwierigkeiten Wärme zu halten. Wenn sie diese von außen nicht ausreichend bekommen, ist es ein immenser Energieaufwand selbst Wärme zu erzeugen. Es kann dann sogar zu einer Unterzuckerung kommen. Über den Kopf geht besonders leicht Wärme verloren.
Ob ihr ein Blitzlicht benutzen wollt oder nicht, müsst ihr natürlich selbst entscheiden. Ich kann nur sagen, dass es deutlich länger dauert, bis “geblitzte” Kinder die Augen wieder aufmachen, und dass Fotos mit natürlichem Licht auch ganz schön aussehen :-).

Erste Mahlzeit

Puh, ist das aufregend hier! Aber Mamas Bauch ist schön kuschelig und warm. Und irgendwas riecht hier sehr interessant. Ich glaub ich probier mal zu schleckern. Nee, hier ist nix. Ich robbe mal ein Stückchen weiter hoch. Ist hier was? Huch, Mama schiebt mich. Ach, was ist denn das? Daher kommt also der tolle Geruch. Auf der Zunge fühlt sich das gut an… Ja! Da kommt ja Milch raus! Lecker! Toll, ich glaub das wird super hier….

Babys, die die erste Stunde ungestört auf dem Bauch der Mutter verbringen, finden in der Regel instinktiv die Brust und beginnen zu saugen. Manche Kinder sind noch sehr schlapp von der Geburt oder aber zu aufgeregt, um sich richtig zu orientieren. Da kann es helfen, sie in eine günstige Position zu bringen.

Erste Untersuchung

Ich bin satt und müde und mach jetzt erst mal ein Schläfchen. Ey, Moment, nimm die Finger von mir weg! Ich will doch schlafen! Nein, kalt, kalt, kalt! Wo legst Du mich denn hin? Was? Gewogen soll ich werden. Gemessen? Warum? Ich will zurück auf Mamas warmen Bauch! Papa! Rette mich! Ohja, leg mir deine warme Hand auf den Bauch. Das ist schön. Schon viel besser. Jetzt bitte noch das helle Licht aus. Ich muss ja meine Augen schon wieder so zu kneifen. Das ist nervig.
Iiiiihhhrgs, die Hebamme hat mir ihren Finger in den Mund gesteckt! Das schmeckt überhaupt nicht nach Milch. Ich saug trotzdem mal dran. Mist, kommt nichts raus. Was hat die da eben gesagt? Einen guten Saugreflex habe ich? Ach nee, sonst wär ich ja jetzt nicht so satt, oder? Was denn nun noch? Die dreht und wendet mich, streicht mir über den Rücken und schaut in meine Ohren? Na ja, aber solange mein Papa mich dabei so schön am Kopf streichelt, lass ich mir das mal gefallen. Außerdem kommt von oben so schöne warme Luft.

Das Baby einmal von oben bis unten anzuschauen ist natürlich wichtig und muss im Rahmen der U1 geschehen. Da Babys aber ungern all zu frei und ohne Begrenzung da liegen, ist es schön, wenn ein Elternteil ihm dabei ein wenig Halt gibt. Meist reicht es schon eine warme Hand an das Köpfchen zu legen. Außerdem könnt ihr dann auch gut schauen, was da alles so gemacht wird und vor allem – unter einer Wärmelampe – euer Baby betrachten.

Bonding

Huch, ich werde schon wieder hoch gehoben. Wo komm ich denn jetzt hin? Jeah, strike – zurück zu Mama! Da ist es am tollsten. Den Herzschlag kenn ich schon mein ganzes Leben. Und dieser Geruch – himmlisch! Die warmen Hände streicheln mir ganz sanft den Rücken. Vielleicht döse ich jetzt mal ein bisschen. Das alles war irre anstrengend.
Meine Mama atmet so schön ruhig und gleichmäßig. Das ist wie schaukeln. So war das auch im Bauch. Jetzt kann ich ganz beruhigt ein Nickerchen machen. Ich schlafe….

Babys sind am Anfang besonders gern auf dem Bauch der Eltern. Dort sind die ihm vertrauten Geräusche zu hören, sie werden durch die Atmung sanft gewiegt, und es ist konstant warm. Dieses enge Zusammensein ist besonders wichtig für den Beziehungsaufbau – das sogenannte Bonden. Dabei lernen sie euch ganz genau kennen, quasi auswendig.

Aus den Augen aus dem Sinn

Irgend was ist komisch! Was ist es nur? Ich hab eigentlich super gut geschlafen, bin wohlig und warm. Vielleicht hab ich ja Hunger? So ein Schlückchen Muttermilch wäre jetzt richtig gut. Moment mal. Muttermilch? Mutter? Mama? Wo ist sie denn nur? Ich bin doch eben noch auf ihr eingeschlafen. Ich spüre nichts in meiner Nähe: keine Atmung, keinen Herzschlag, keine Wärme… MAMA? Wo bist du? „UÄAAAAAÄÄÄÄÄAAAAA!“ MAMA! O Schreck, sie ist weg! Papa ist auch nicht zu sehen. Alle sind weg! Hilfe! Huhu! Ich bin hier! Kommt mich retten!
Puh! Da ist endlich eine warme Hand. Oh ja! Das muss Papa sein: Ist warm, riecht aber nicht nach Milch. Ok Papa, dann nimm mich jetzt mal schnell auf den Arm. Denn auf den Schreck muss ich erst mal ganz genau schauen, ob du es auch wirklich bist. Er macht: “Schschschsch!“ Ist eigentlich ein schönes Geräusch, aber hilft nicht gegen Hunger! Du musst mich jetzt mal zu Mama bringen. Ich hab nämlich Riesenhunger. Versteht er nicht. Ich glaube, ich muss noch mal etwas deutlicher werden: „WÄÄÄÄÄHHHHHH!“ So. Wird es denn nun was werden? Na immerhin: Papa nimmt mich endlich hoch. Mhhhhh schön kuschelig der Papa. Und schön wippen tut der mich. Könnt ich glatt wieder einschlafen. Aber war da nicht was? Ach ja, HUNGER! Der kapiert es einfach nicht. Also noch eine Stufe deutlicher:„WÄÄÄÄÄÄHHHHHHHHHHHHHHHH WÄÄÄÄÄÄÄÄÄHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH“
Huch!? Wo bin ich? Irgendwas ist da an meinem Mund. Äh, bin ich schon bei Mama? Tatsache! Hab ich gar nicht gemerkt. Mama hat die Milchbar schon eröffnet und mir sogar schon die Brustwarze in den Mund geschoben. Hoppla! Jetzt muss ich mich erst mal beruhigen, damit ich überhaupt trinken kann. Puh, geschafft! Mmhh! Das schmeckt einfach sooo lecker!

Neugeborene haben noch kein Konzept von verschiedenen Räumen. Wenn sie die Eltern weder sehen noch spüren können, sind sie quasi nicht existent. Daher ist das Familienbett oder ein Baby-Balkon in der ersten Zeit ein guter Weg immer in der Nähe des Kindes zu bleiben und so das Urvertrauen („meine Eltern sind immer da wenn ich sie brauche“) zu stärken.
Es kann passieren, dass das Baby vor lauter Schreien gar nicht merkt, dass der eigentliche Grund schon beseitigt wurde. Daher muss man mit Babys einfach immer ein bischen mehr Geduld haben und nicht zu viel, zu schnell hintereinander ausprobieren.

Verdauungsprobleme

Ich bin satt. Hier könnte ich für immer liegen bleiben. Es ist so toll hier. Mama <3!
Aber irgendwas stimmt da nicht in meinem Bauch. Das tut irgendwie weh. Oh man, wie das drückt. Aua! „Wawwwaaaaaaahhh“ Das drückt so! Rettet mich bitte!
Papa nimmt mich hoch, ganz nah an sich ran und schön eng. Der Druck am Bauch ist richtig gut. Ich drück einfach auch mal… Oops! Jetzt ist da was in meiner Windel. Kann das mal jemand weg machen? Bitte?! Oh Mann, ich muss wohl wieder erst bescheid sagen:“Wäääähhhhhhhhh“! Hmm, es passiert nichts. Also nochmal: „Wäääääääähhhhhh“!
Huch, Mama? Nein, nein! Ich will jetzt nichts essen! Danke. Hab ich doch grad erst. Ich bin total satt. Obwohl, na gut, gib her. Sehr beruhigend… Aber eigentlich muss jetzt mal dieser Matsch ab. Und zwar gleich! Also nochmal – vielleicht gleich auf Stufe 2: „WÄÄÄÄÄÄÄHHHHHHHHHHHHHHH“
Na endlich; Papa hat’s kapiert. Er macht zumindest schonmal die Windel auf. Wie Bitte? Es stinkt? Na, das sag ich doch die ganze Zeit!

So oft wie das Baby trinkt, sollte man auch die Windel checken. Sicher ist es unangenehm, in einer vollen Windeln zu liegen und viele Babys werden davon auch schnell wund. Übrigens: Kinder, die viel getragen werden, haben meist weniger Verdauungsprobleme.

Alles wird gut

So, Alles ist wieder gut. Jetzt einfach nur kuscheln und schlafen. Das war wieder ganz schön anstrengend. Ob ich wohl schlafen kann? Nicht, dass die Beiden sich nachts wieder aus dem Staub machen. Da hab ich jetzt doch ein bisschen Angst. Wenn sie in meiner Nähe bleiben, fühle ich mich sicherer. Ich werde einfach ab und zu mal nachschauen, ob sie noch bei mir sind und ein bisschen nach ihnen rufen. Ich bin schon ganz verliebt und glaube wir werden ein tolles Team.

Babysprache

Ein Baby zu verstehen ist eigentlich gar nicht so schwer, wenn man sich ein bisschen in das Kind hinein versetzt. Sensible Eltern lernen in der Regel bald die verschiedenen Signale und Schreiarten richtig zu interpretieren, oder handeln sogar vorausschauend. Dann muss das Baby erst gar nicht von Null auf Hundert aufdrehen, da es lernt, dass seine Bedürfnisse immer recht bald erfüllt werden.

Rätselt ihr noch? Oder habt ihr schon öfter das Gefühl genau zu wissen was euer Baby gerade denkt? Ich finde, manchmal stehen ihnen doch regelrecht die Sprechblasen über den Köpfen. Oder nicht?

Jede Frau hat das Recht auf eine positive, selbstbestimmte Geburtserfahrung. Seit ich Hebamme geworden bin verhelfe ich Frauen dazu.
Ich bin Jana Friedrich, Mutter von zwei Kindern, Hebamme seit 1998 (und seit September 2020 mit B. Sc. of Midwifery), Bloggerin seit 2012, Autorin zweier Bücher, Speakerin und Expertin im Themenbereich Familie. Mit meiner Expertise unterstütze ich darüber hinaus auch Kulturschaffende, Firmen und Politiker*innen.
In diesem Blog teile ich mit dir mein Wissen und meine Erfahrung rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und das erste Jahr mit Baby.
Du bekommst bei mir Informationen, Beratung und „Zutaten“ zur Meinungsbildung für eines der spannendsten Abenteuer des Lebens.

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4 Kommentare
  1. Avatar
    Julia sagte:

    Rätseln ist anstrengend, und je mehr die Bedürfnisse werden, also nicht nur Hunger, Windel voll oder einfach auf den Arm, desto anstrengender wird es. Als Tipp Babyzeichensprache beizeiten einführen, so klappt die Kommunikation bald noch besser! Weniger Frustration auf beiden Seiten und das lange vorm ersten Wort!

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  2. Avatar
    Gina sagte:

    Süß gemacht! Ja, da kann ich mich richtig ins Baby hineinversetzen 🙂
    Unsere “Nummer 2” hat das Bonding so sehr genossen, dass er es auch jetzt mit 6 Monaten als bestes Einschlafmittel liebt, mit dem Ohr auf meiner Brust einzuschlafen…

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  3. Avatar
    Hummelfitz sagte:

    Wir haben sehr schnell erkannt, wann unsere Kleine hungrig ist. Das Weinen klang dann immer wie “Naaaaahhhhhh”. Alle anderen “Laute” haben wir erst später deuten können.

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  4. Avatar
    kiddelfee sagte:

    Herrlich, ich könnte mich wegschmeißen! So schön geschrieben! Ich habe lebhaft unsere ersten Stunden im Krankenhaus vor Augen 😀

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