Geburtsbegleitung mit Doula – Ein Interview mit Dorothee Gaupp
„Wer, außer meiner Hebamme, begleitet mich eigentlich, noch bei der Geburt? Mein Partner? Meine Mutter? Meine beste Freundin? Oder eine Doula?“ Wikipedia erklärt den Beruf Doula so:
“Eine Doula (von altgriechisch δούλη (doulê) „Dienerin“, „Sklavin“, „Magd“) ist eine Frau, die einer werdenden Mutter vor, während und nach der Geburt als emotionale und physische Begleiterin zur Seite steht.“
Was bringt die Doula-Betreuung?
Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal von Doulas hörte, dachte ich erst mal: “Wozu? Man wird doch von der Hebamme gut betreut und hat sicher auch noch einen Partner oder eine Freundin, die einen begleiten kann. Warum sollte man sich noch eine fremde Frau mitnehmen? Das ist vielleicht etwas für Länder, in denen die Betreuung durch Hebammen nicht so flächendeckend gewährleistet ist, aber bei uns…!?“
Als ich im Herbst 2012 beim Hebammenkongress in Hannover war, wurde dort in vielen Vorträgen immer wieder vom großen Nutzen – weniger Interventionen, weniger Schmerzmittel – gesprochen, den Frauen haben, die von einer Doula betreut werden. Und ich muss sagen, dass zumindest wir Klinikhebammen leider nicht immer versprechen können, die ganze Zeit über bei der Gebärenden zu bleiben. Wenn im Kreißsaal gerade sehr viel los ist, muss man doch immer wieder mal raus. Dann hängt es schon manchmal sehr an der Begleitperson, die Motivation der Schwangeren aufrecht zu erhalten und für ihre akuten Bedürfnisse zu sorgen.
Geburtsvorbereitung to Go?
Mein Buch “Das Geheimnis einer schönen Geburt” begleitet dich auf dem Weg zu deiner persönlichen Traumgeburt.
Ich selbst habe, gemeinsam mit einer Doula, noch keine Geburt begleitet. Aber über den Blog habe ich vor kurzem die Doula Dorothee Gaupp kennengelernt und gleich mal für euch interviewt.
Das Interview
Jana: Doro, klasse, dass Du Dich gleich so spontan für dieses Interview bereit erklärt hast. Was macht eigentlich eine Doula genau?
Doro: Eine Doula begleitet Frauen während Schwangerschaft und Geburt. Sie ist selber Mutter und kennt dieses Lebensphasen aus eigener Erfahrung. Ihr Wunsch ist es Frauen auf dem Weg zu einer selbstbestimmten Geburt zu unterstützen.
Jana: Worin unterscheiden sich die Aufgaben einer Doula von denen einer Hebamme?
Doro: Eine Doula hat keine medizinische Ausbildung. Sie ist nicht in einer Klinik angestellt und unterliegt damit auch keinem Schichtdienst. Während der Geburt sorgt sie dafür, dass sich die Frau in einer Umgebung befindet, in der sie sich sicher und geborgen fühlt.
Auch für den werdenden Vater ist es eine Entlastung, wenn er seine Frau in guten Händen weiß und sich Pausen nehmen kann.
Jana: Wie reagiert das Klinikpersonal auf die Anwesenheit einer Doula? Gibt es Konflikte? Konkurrenz?
Doro: Bisher habe ich nur positive Erfahrungen gemacht. Ich bitte meine Kundinnen, der Klinik vorher Bescheid zu geben und ihre Wünsche zu äußern. So war es z.B. auch kein Problem eine Frau bei einem Kaiserschnitt mit in den OP zu begleiten.
Jana: Sind zwei Ansprechpartner nicht verwirrend für die Frau? Wie funktioniert die Abstimmung zwischen Hebamme und Doula? Was fragt die Frau wen?
Doro: Wir Doulas haben keine Probleme uns zurückzunehmen. Wenn die Hebamme im Raum ist, ist sie ganz klar Ansprechpartnerin. Es kann höchstens passieren, dass ich die Hebamme noch einmal bitte einen Zusammenhang etwas näher zu erläutern.
Manchmal ist es auch gut mehr als eine Hand zu haben und dann springe ich gerne ein. Bei einer der letzten Geburten hat die Hebamme die Hände der Frau gehalten, während ich den Rücken massierte.
Jana: Wie wird man Doula?
Doro: Es gibt die Möglichkeit die Ausbildung bei der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung zu machen. Eine Frau, die Doula wird, hat bereits selber mindestens ein Kind geboren und ist mindestens 30 Jahre alt.
Im Präsenzunterricht setzen sich die werdenden Doulas u.a. mit ihrer eigenen Geschichte und Motivation auseinander und lernen verschiedene Entspannungstechniken kennen. Zusätzlich werden Kurse und Geburten hospitiert und Literartur im Eigenstudium gelesen.
Jana: Und wie bist Du auf die Idee gekommen, Doula zu werden?
Doro: Nach der Geburt meines ersten Kindes hat mich alles, was Schwangerschaft und Geburt angeht, total fasziniert. Ich habe viel gelesen und mich mit Freundinnen unterhalten, die auch schwanger waren. Dabei fand ich es immer wieder faszinierend, wie verschieden die Ansichten sein können. Was aber bei allen gleich war: die Zeit der Schwangerschaft und die Geburt waren absolut prägend.
Mein Gedanke war damals schon, wie wichtig es ist, dass dieses Erlebnis positiv in Erinnerung bleibt.
Als ich dann von Doulas gelesen habe, war mir klar, dass das meine Berufung ist: andere Frauen begleiten und sie in dem bestärken, was sie sich für ihre Geburt wünschen.
Jana: Wie finde ich eine Doula?
Doro: Mittlerweile hat fast jede Doula eine Internetseite. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit auf www.doula-info.de eine Doula nach Region zu suchen. Am Besten ist es natürlich, wenn man vor Ort eine Doula empfohlen bekommt.
Jana: Hat die Doula wirklich einen Einfluss auf den Geburtsverlauf?
Doro: Wissenschaftliche Untersuchungen (Klaus, Kennell, Klaus;1993, Hodnett et al, 2003) zeigen, dass die kontinuierliche Begleitung durch eine Doula während der Geburt die Kaiserschnittrate, die Geburtsdauer, die Verabreichung von Wehenmitteln, die medikamentöse Schmerzbekämpfung, den Einsatz der Geburtszange und die Nachfrage nach einer Periduralanästhesie signifikant reduziert. Außerdem zeigte sich, dass nach einer Geburt mit Doula wesentlich mehr Babys voll gestillt wurden und weniger Ernährungsprobleme auftraten. Psychologische Tests zeigten bei den Müttern weniger innere Unruhe oder Anzeichen von Depressionen, aber mehr Zufriedenheit in der Partnerschaft.
Jana: Wer bezahlt die Begleitung und was beinhaltet sie genau? Gibt es ein Zeitkontingent, wie lange begleitet die Doula die Frau vor und nach der Geburt?
Doro: Die Begleitung ist eine reine Privatleistung und wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. In der Regel zahlt man einen Pauschalpreis von 550,- € Euro. Darin enthalten sind 2-3 Treffen vor der Geburt, die Rufbereitschaft der Doula (14 Tage vor dem Termin bis die Geburt beginnt), die Geburtsbegleitung und 1-2 Treffen nach der Geburt.
Ich habe schon einmal ein Paar begleitet, das von der Familie einen Gutschein geschenkt bekommen hat. Eine wunderbare Idee, wie ich finde! Was gibt es für ein schöneres Geschenk, als einen guten Start ins Leben als Familie.
Jana: Na, dem kann ich mich nur anschließen. Vielen Dank Doro, für dieses Gespräch.
Noch Fragen?
Habt ihr schon Erfahrungen mit einer Doula gemacht, oder habt ihr Fragen an Doro? Dann freuen wir uns über eure Kommentare!
ich möchte gerne noch hinzufügen, dass interessierte Frauen sich auch beim Verein Doulas in Deutschland e.V. informieren können (http://www.doulas-in-deutschland.de).
Der Verein ermöglicht durch einen finanziellen Zuschuß bzw. Kostenübernahme die Begleitung durch eine Doula für diejenigen Frauen, die sich die Dienste einer Doula nicht leisten könnten. Denn ALLE Frauen, die sich eine Doula wünschen, sollten auch die Möglichkeit bekommen, eine zu engagieren!
Eine Doula-Ausbildung ist hier ebenso möglich wie z.B. auch beim Eltern-Kind-Zentrum in Graz (http://www.ekiz.at) sowie in der Schweiz (http://www.doula.ch).
Toll!!! Danke für den Artikel! Ich habe das Wort Doula schon häufiger in Zusammenhang im Schwangerschaft und Geburt gelesen, wusste es aber nie so richtig einzuordnen.
Ich wünsche mir eigentlich eine Geburt mit Beleghebamme. Wenn ich keine finde, die mich noch aufnehmen kann, denke ich, dass das Doula Konzept auf jeden Fall eine Alternative wäre :):)
Liebe Christina, gute Idee. Allerdings wünsche ich Dir natürlich am aller meisten, dass Du noch eine Beleghebamme findest. Aber ich weiß, dass es leider nicht mehr so einfach ist.
LG
Jana
Hallo Jana,
Ich habe noch eine Beleghebamme gefunden und freu mich sehr auf die Zeit mit ihr 🙂
Liebe Grüße,
Christina
Wenn es bald wirklich keine Hebammen mehr geben sollte, könnte eine Doula dann ein Ersatz sein? Kennt sie sich so gut aus, dass man eine Hausgeburt nur mit einer Doula wagen könnte? Wie viel Wissen über Geburtshilfe hat sie denn?
Freue mich über Antworten,
Danke
Carmen
Liebe Carmen, eine Doula kann natürlich die Hebamme nicht ersetzen, denn ihre Kenntnisse rund um die Geburt sind begrenzt. Eine Doula sagte mir mal sie sieht sich wie eine gut informierte Freundin. Doulas haben in der Regel eigene Kinder bekommen und bei einigen Geburten hospitiert. Aber sie haben keine den Hebammen ähnliche Ausbildung. Das wäre kein Ersatz.
LG
Jana
Danke für diesen Artikel! Ich finde es großartig, wenn sich Doulas und Hebammen die Hände reichen und gemeinsam an einem Strang ziehen. Doulas als einzige Begleitung bei einer Geburt sehe ich nicht als Geburtshilfe. Das ist eine Alleingeburt mit Doula. Und obwohl ich jede Mutter zu einer eigenständigen Geburtsbewältigung ermutigen möchte, würde ich als Doula niemals eine Alleingeburt begleiten – aus Prinzip. Ich werde mich immer dafür einsetzten dass Hebammen weiterhin an der Seite von uns Frauen sind. Wir brauchen Hebammen. Eine Doula kann niemals eine Hebamme ersetzten. Eine Doula kann einer Gebärenden Geborgenheit und Zuversicht spenden, damit sie Mut und Kraft für die Geburt in sich findet. Das Wissen einer Hebamme kann im entscheidenden Moment bewirken, das auch eine schwierige Geburt in Sicherheit erlebt werden kann, und das Wohlergehen von Mutter und Kind außer Zweifel bleiben. Wenn keine Hebammen-Hilfe mehr zur Seite stehen sollte, und sich Frauen aus Angst vor klinischen Routinemaßnahmen zu Alleingeburten mit Doulas entscheiden, schafft das den Anschein einer Sicherheit, die wir Doulas nicht bieten können.